Schramberg punktet mit zwei Automuseen und 5000 Uhren
Diese Kleinode finden sich überall im Mittleren Schwarzwald: Gut gepflegte Industriemuseen mit häufig erstaunlichen Exponaten und sorgfältig durchdachten Museumskonzeptionen. Doch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten lassen sich diese Museen lediglich mit viel Eigeninitiative der Bevölkerung erhalten.
Von Daniel Bachmann
SCHRAMBERG. Oberbürgermeister Herbert Zinell (SPD) kann sich glücklich schätzen: Seine Stadt ist seit Kurzem Heimat von gleich zwei Automuseen – Ähnliches kann in Baden-Württemberg bloß noch die Landeshauptstadt bieten. Schon vor drei Jahren eröffnete der geschäftsführende Gesellschafter der Kern-Liebers-Firmengruppe, Hans-Jochem Steim, am ehemaligen Stammsitz der Firma im Zentrum von Schramberg ein Automuseum mit einer Ausstellungsfläche von 3000 Quadratmetern. Hier warten die großen Namen der Automobilgeschichte auf Besucher: Vor allem Autos der Marken Daimler, Maybach und Ford werden ausgestellt, aber auch Michael Schuhmachers Ferrari und Feuerwehrfahrzeuge aus dem vergangenen Jahrhundert.
Zentrum der Industriekultur und Zeitmessung
„Schramberg war eines der weltweit größten Zentren der industriellen Uhrenproduktion“, so Herbert Zinell. „Aus vielen Zulieferfirmen der Uhrenindustrie haben sich innovative Zulieferbetriebe für die Autoindustrie entwickelt, die wie Kern-Liebers zu den Weltmarktführern gehören. Deshalb haben wir beschlossen, die Stadt Schramberg auf ihrer Suche nach einem touristischen und kulturellen Alleinstellungsmerkmal zu einem Zentrum der Industriekultur für Zeitmessung und Automobil
zu entwickeln.“ Ende März kam ein weiterer Baustein dazu: Die Auto & Uhrenwelt Schramberg eröffnete im Beisein von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ihre Pforten. „Das Museumsgebäude war früher Teil der Hamburg-Amerikanischen- Uhrenfabrik“, erklärt Museumsleiter Harald Burger. Diese gehörte zu den größten Uhrenfabriken im Schwarzwald, bis sie mit der ebenfalls in Schramberg ansässigen Uhrenfabrik Junghans fusionierte.
„Um 1900 und bis in die 1970er-Jahre war Junghans Schramberg und Schramberg Junghans“, sagt Oberbürgermeister Zinell. Die Stadt trug den Titel „Welthauptstadt der Uhren“, pro Jahr wurden über drei Millionen Uhren gefertigt. Daraus entwickelte sich Deutschlands größte Industrieuhrensammlung mit rund 5000 Exponaten, die jetzt im Uhrenmuseum des Erfinder-Zeiten-Komplexes zu sehen sind. „Wir wählten den Namen Erfinder-Zeiten“, sagt Burger, „weil sowohl bei den Uhren als auch beim Auto der Pioniergeist kreativer Tüftler eine herausragende Rolle spielte.“ So findet man im selben Haus auf drei weiteren Stockwerken 220 liebevoll gepflegte Fahrzeuge aus der Sammlung von Martin Sautter, die es bundesweit nirgends zu sehen gibt: Zum Teil kuriose Autos und Motorräder aus den Jahren 1945 bis 1960, als die Bundesrepublik einen Neuanfang bei der Motorisierung erlebte.
Die Besucher können Motoren mit Holz als Verbrennungsmaterial bestaunen, Fahrzeuge für Kriegsgeschädigte, aber auch chromblitzende Autos aus der Zeit des Wirtschaftswunders.
Privates Engagement und freiwillige Helfer sind unerlässlich Dazu gibt es eine weitere technische Sensation: Hier steht der größte Dieselmotor, der vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde, in einem restaurierten Jugendstilgebäude des Industriearchitekten Philipp Jakob Manz. Doch Bürgermeister Zinell betont, „dass nur mit privatem Engagement, der Entwicklung von Fördervereinen sowie unzähligen Arbeitsstunden freiwilliger Helfer solche Einrichtungen auf Dauer gesichert werden können.“ Eine halbe Autostunde von Schramberg entfernt befindet sich das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen mit der weltweit größten Sammlung an Schwarzwalduhren. Schätze wie die über 250 Jahre alte astronomische Uhr aus dem Kloster St. Peter fehlen ebenso wenig wie eine Atomuhr mit der genauesten Zeit der Welt. Das Oldtimermuseum Zollernalb in Hechingen und das Schwarzwälder Moped & Roller Museum in Bad Peterstal runden die Museumstour durch den Mittleren Schwarzwald ab.
Quellenangaben: "Schramberg punktet mit zwei Automuseen und 5000 Uhren" Staatsanzeiger, 28. Mai 2010, Nr. 20