Die Museumslandschaft im Schwarzwald

Kult: Das Gefährt mit MOtor und PEDalen

Sonderschau „Halbstark auf zwei Rädern“ im Auto- und Uhrenmuseum eröffnet Autor/Quelle: Martin Himmelheber -
 
19. November 2015

SCHRAMBERG (him) – „O Baby, Baby Halbstark” dröhnte es zur Eröffnung aus der Musikbox. Die Yankees sangen diese Hymne auf eine besondere Jugendkultur 1965, und das Auto- und Uhrenmuseum erinnert in einer Sonderausstellung an die Zeit zwischen den 50er und 70er Jahren.

In seiner Begrüßung erinnerte der Fördervereinsvorsitzende Helmut Bahnholzer daran, dass das Museum die Mobilitätsentwicklung dieser Zeit zeigen wolle und dabei die zeitgeschichtlichen Bezüge darstellen wolle. Am Beispiel der Mopeds gelingt das in dieser Schau sehr anschaulich.

„Deutschland war in den 1950er-Jahren ein Land der Gegensätze zwischen Kriegstrümmern und Wirtschaftswunder“, so Banholzer. In der späten Nachkriegszeit sei es endlich wieder bergauf gegangen. „Die Löhne stiegen, die Arbeitszeit sank und eine neue Lässigkeit ergriff die Deutschen - zumindest die deutschen Jugendlichen.“
Diese hätten sich von den Erwachsenen bewusst abgegrenzt: „Sie trugen Lederjacke, Jeans, Stiefel, den obligatorischen Plastikkamm in der Gesäßtasche und die berühmte Schmalzlocke über der Stirn.“ Ihre Vorbilder waren Marlon Brando oder James Dean. Das sei „zu viel für die prüde Wohlanständigkeit des Adenauer-Deutschlands“ gewesen, so Banholzer. Die „Halbstarken“ standen nicht auf deutsche Schlager, sondern liebten den Rock’n‘Roll, und eben die Mopeds.
Die 60er Jahre seien bestimmt gewesen von der Protestbewegung und hätten „bleibenden Einfluss auf die Bundesrepublik gehabt. Banholzer erinnerte an die APO, die Proteste gegen die Notstandsgesetze und den Springer Verlag. Kurze Röcke und transparente Blusen trugen die Mädchen, Lange Haare und fette Koteletten bestimmten das Aussehen der jungen Männer. Banholzer, nach eigener Einschätzung ein „im Grunde konservativer Mensch“, erzählte grinsend, dass der Bürgermeister an seiner zweiten Lehrerstelle ihn angeschaut und gefragt habe: „Sind sie ein Beatle, des gfällt mir gar ned.“
Die 70er Jahre seien durch einen noch bunteren und noch wilderen Protest geprägt gewesen: Anti-Atom-Bewegung aber auch RAF-Terror. Disco, Flower- Power, aber auch Punk bestimmten die Jugendkultur.
Mit einem Knopfdruck auf die Musikbox und „Marmorstein und Eisen bricht“ leitete Museumsleiter Harald Burger weiter zu Werner Link vom Schwarzwälder Roller- und Mopedmuseum in Bad Peterstal. Link erläuterte in seinem launigen Vortrag, wie es zum Begriff Moped kam: Das Gefährt mit MOtor und PEDalen kam 1953 auf den Markt und ersetzte die bis dahin üblichen „Bastelkonstruktionen Fahrrad mit Hilfsmotor“. Aber so stark wie ein Motorrad waren sie natürlich auch nicht, eben „halbstark.„
Die Mopeds waren zunächst eher in den Großstädten beliebt. „Im Ruhrgebiet haben die Jugendlichen auf den Mopeds samstags und sonntags die Innenstädte aufgemischt.“ Für junge Leute auf dem Land war der Traktor anfangs noch wichtiger.
Die Mopeds seinen damals noch sehr spartanisch ausgerüstet gewesen. „Jedes Fahrrad hat heute bessere Bremsen“, weiß Link. Aber schnell wurde das Moped zum Instrument der Freiheit: „Wir mussten nicht mehr in unserem sch…blöden Flecken bleiben und konnten nach den Mädle im anderen Flecken schauen“, erinnert er sich an seine Jugend In Glatt. Abends traf man sich am Latschariplatz und die Älteren sozialisierten die Jüngeren: „Wenn du dich daneben benommen hast, hast du eine geschmiert bekommen.“

Und jeden Samstag hätten alle an ihren „Mopeds rumgeschraubt“. Mit eher zweifelhaftem Erfolg: „Die sind jedes Mal langsamer geworden, bis sie schließlich gar nicht mehr gelaufen sind.“ Zustimmendes Gelächter im Publikum bestätigte Links Beobachtung.
Bei einem Rundgang durch die Ausstellung schwelgte so mancher grau gewordene Halbstarke in Erinnerungen, betätschelte liebevoll die Quicklies und Kreidlers und ließ die Kugel am Flipperautomat rollen.
Die Schau zeigt mehr als 40 Mopeds aus drei Jahrzehnten, sie führt zurück zum Beginn der Massenmotorisierung der 50er bis in die 70er-Jahre und stellt die Jugend und ihre Mopeds dabei in den Mittelpunkt. Auf zahlreichen Bildtafeln dokumentieren die Ausstellungsmacher die Jugendkultur, den Musikstil und die Mode der Zeit. Ein Flipperautomat, ein frühes Videospiel und Musikboxen ergänzen die Mopeds.

Info: Die Ausstellung „Halbstark auf zwei Rädern“ dauert bis zum 1. Mai 2016. Das Auto- und Uhrenmuseum Schramberg befindet sich im Gewerbepark H.A.U. 3/5, Öffnungszeiten: Vom 1. November bis 14. März Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr. Letzter Einlass eine Stunde vor Schließung.


Quellenangabe: http://www.nrwz.de/aktuelles/103011/20151119-1159-103011

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